Station 6 - Am Südarm

Der Südarm

Ein begradigter, eingedeichter Flusslauf und Ufer, die geradezu „aufgeräumt“ erscheinen – der Wümme-Südarm fällt in vielerlei Hinsicht als stark veränderter Flusslauf auf. Bereits 1949 wurde die Wümme bei Borgfeld begradigt, in den 1970er Jahren folgte dann der Ausbau des Südarms. Dadurch wurde die Auenlandschaft für eine intensivere landwirtschaftliche Nutzung trocken gelegt. Durch die Eintiefung des Südarms wurde die Verbindung des Flusses zu seiner umliegenden Aue völlig gekappt. Stauwehre, die quer in den Fluss gebaut wurden, führten zu einer Unterteilung des Gewässers in mehrere Abschnitte. Das Ergebnis: Ein kanalartiger Fluss, welcher für Tiere und Pflanzen sowie zum Wasserwandern unattraktiv ist.

Eine neue Sohle für den Fluss

Das ehemalige Wehr 1 wurde als eines von fünf großen Wehren umgebaut. Getreu dem Motto „wir machen den Weg frei“ wich der Stau 2010 einer Sohlgleite. Die Hürde, die bis dato den Weg der Neunaugen zu ihren Laichplätzen versperrte, ist somit Geschichte. Sohlgleiten haben mehrere Funktionen: Fische und andere Wasserlebewesen können den Fluss barrierefrei in beide Richtungen passieren, die Tiefenerosion der Gewässersohle wird begrenzt. Kiesliebende Fische wie Lachs und Meerforelle sowie das Neunauge schätzen sie zudem als Laichplatz.

Schwellen-los werden!

Barrieren abzubauen klingt erstmal sinnvoll, aber warum der Wandel? Wofür wurden Wehre früher benötigt? Neben der Regulation des Zuund Abflusses gab es noch andere Funktionen: Mit der Begradigung der Wümme ging die Verkürzung des Flusslaufs einher. Um Sohlerosion und Uferbeschädigungen durch hohe Fließgeschwindigkeiten zu vermeiden, mussten in regelmäßigen, genau berechneten Abständen, Stauwehre in die Flüsse eingezogen werden. Für alle wandernden Lebewesen, stellten die Wehre mit ihren Höhenunterschieden allerdings unüberwindbare Hindernisse dar. Im Gegensatz dazu führen die Sohlgleiten zu einem schwellenlosen Fluss. Selbst in trockenen Zeiten sorgt eine Niedrigwasserrinne hier für ausreichend Wasser - Flussneunauge und Co können also auch in Dürrezeiten wandern.

Wer profitiert davon?

Auch unter den Tieren gibt es „Pendler“. Das 30-40 cm lange Flussneunauge (s. Bild) beispielsweise laicht zwischen Februar und Mai in kiesigsandigen, vorzugsweise beschatteten Flachwasserbereichen. Nach der Entwicklung von der Larve zum adulten Tier ruft dann das Meer! Bei der Nahrungssuche ist das Flussneunauge nicht zimperlich: Mit seinem verzahnten Saugmaul heftet es sich an andere Fische an, um Gewebeteile abzuraspeln. Nach zwei bis drei Jahren, mit dem Erreichen der Geschlechtsreife, wandern die Flussneunaugen wieder stromaufwärts in die Paarungs- und Laichgebiete der Flüsse. Auch auf den Sohlgleiten des Wümme-Südarms können dann, mit etwas Glück, laichende Flussneunaugen beobachtet werden. Ein faszinierendes Schauspiel!

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