Oberneuland

Nicht selten sorgen die vielen verschiedenen Bezeichnungen dieses Schutzgebietes für Verwirrung: Ob „Oberneulander Wümmeniederung“, „Oberneulander Schnabel“ oder einfach „Butendiek“ – jeder dieser Ausdrücke beschreibt die gleiche Landschaft.

Weißstorch

Der Weißstorch ist ein absoluter Promi unter den hiesigen Brutvögeln. In der Öffentlichkeit genießt er hohe Bekanntheit und kann sich sogar märchenhafter Symbolik rühmen, als Klapperstorch, der die Babys bringt.

Die Bremische Wümmeniederung bildet ein ideales Brutgebiet für den großen Vogel. In den nassen Wiesen mit ihren vielen Kleingewässern kann er ohne große Schwierigkeiten nach ausreichend Nahrung in Form von Fröschen, Mäusen und Würmern suchen. Als Brutplätze dienen ihm oftmals extra aufgestellte Nisthilfen, die ihm auf vielen Bauernhöfen der Umgebung extra zur Verfügung gestellt werden. Wer bei Fahrradtouren auf dem Hollerdeich oder in der angrenzenden Fischerhuder Wümmeniederung achtsam ist, der hat gute Chancen den Vogel auf einer der Grünlandflächen entlang der Wege zu entdecken.

Kiebitz

Wenn man vom Hollerdeich aus über den Aumundsdamm durch die Oberneulander Feldmark läuft, kann man zu dieser Jahreszeit Kiebitzpaare auf den Wiesen balzen sehen. Die schwarz-weißen Vögel mit dem grünlich schimmernden Rückengefieder und der Federlocke (Holle) auf dem Kopf sind sehr markant und gehören zu den typischen Brutvogelarten weiter Offenlandschaften. Oft kann man die Männchen bei ihren akrobatischen Flugspielen beobachten, bei denen sie rasante Wendungen hinlegen, sich halb um die eigene Achse drehen und plötzliche Sturz- und Aufwärtsflüge durchführen. Begleitet wird das Ganze von lauten „kiii-wiiitt, kii-wiiitt“- Rufen. 

Als Bodenbrüter ist der Kiebitz heutzutage verschiedenen Gefahren ausgesetzt. Für seine Nestermulden bevorzugt er vorrangig Flächen mit kurzer Vegetation, auf denen er beim Brüten eine gute Übersicht über seine Umgebung hat. Landwirtschaftlich genutzte Flächen wie Wiesen und Äckern sagen ihm deshalb besonders zu. Leider kommt es bei landwirtschaftlichen Bearbeitungsvorgängen häufig zum Verlust der Eier oder der noch nicht flugfähigen Jungvögel. In Oberneuland werden deshalb die Brutplätze gesucht und markiert, damit die Nester nicht versehentlich zerstört werden. 

Brachvogel

Wer sich im Frühjahr zu Fuß oder mit dem Rad durch die Bremische Wümmeniederung bewegt, der kann die unterschiedlichsten Vogelgesängen zu hören bekommen. Einen eher seltsamen aber doch einprägsamen „Gesang“ äußert der Brachvogel: Ein lautes Trillern (trüh-trüh-trührürrührü), das häufig bei auffälligen Schauflügen von sich gegeben wird. Das ulkig aussehende Balzgehabe des männlichen Vogels dient sowohl dem Imponieren von Weibchen als auch der territorialen Abgrenzung des eigenen Brutrevieres gegenüber Kontrahenten. Neben der Nahrungssuche ist dieser Vorgang während der Brutzeit zwischen März und Juni eine der wichtigsten Tagesbeschäftigungen des Vogels.

Mit seinen langen Beinen und dem langen Schnabel gehört der Brachvogel zu den Watvögeln, also zu einer an Wasser gebundenen Gruppe von Vogelarten. Im Winterhalbjahr kann man ihn in großer Zahl an der Nordseeküste beobachten, wo ihm das Wattenmeer in dieser Zeit einen reich gedeckten Tisch bietet. Zum Brüten bevorzugt er (wie der Kiebitz) ausgedehnte Offenlandschaften. Die Wümmeniederung ist ein traditionelles Brutgebiet für den inzwischen seltenen und deshalb streng geschützten Wiesenvogel.

 

Neuntöter

Der Neuntöter erscheint in der Regel erst Mitte Mai in seinem Brutgebiet. Innerhalb der Bremischen Grenzen ist er nicht häufig anzutreffen, da ihm die sehr offene, oftmals baum- und strauchlose Marsch- und Niedermoorlandschaft nicht besonders zusagt. Er ist ein emsiger Insektenjäger und besiedelt vorzugsweise halboffene Lebensräume. Somit bevorzugt er Wiesen und Weiden, die von Hecken und Buschreihen umgeben sind. Meist befinden sich seine Reviere dort, wo es dornige Sträucher gibt. Auf diesen spießt er seine Beutetiere – zu denen neben Heuschrecken und Käfern sogar Mäuse und Jungvögel zählen – als Nahrungsreserve auf. Dieser Gepflogenheit verdankt er auch seinen martialischen Namen.

Bei Spaziergängen durch das Landschaftsschutzgebiet Oberneulander Schnabel können Neuntöter in den Büschen entlang des südlichen Hauptweges gut beobachtet werden.

Schwarzkehlchen

Viele Menschen kennen das Rotkehlchen aus ihren Gärten, Stadtparks oder von Waldspaziergängen, bei denen sie auf den kleinen, recht zutraulichen Vogel treffen. Was die meisten aber nicht wissen: In der Bremischen Wümmeniederung kommen noch weitere Vogelarten vor, die zumindest im Deutschen als „Kehlchen“ bezeichnet werden. Neben den selteneren und schwerer zu entdeckenden Braun- und Blaukehlchen ist das Schwarzkehlchen relativ häufig entlang der Wege anzutreffen. Hier sitzt es gerne auf Büschen, Zaunpfosten oder an Halmen und überzeugt weniger durch seinen unscheinbaren Gesang als durch sein Aussehen. Besonders die Männchen können durch den kontrastreichen Farbwechsel aus orange, weiß und schwarz sehr auffällig sein. Wenn sich im Mai die ersten Jungvögel aus den Nestern trauen, kann man bei Spaziergängen oder Fahrradtouren den aufgeregten und lautstark warnenden Eltern begegnen, die hastig von einem Busch zum anderen fliegen, ihre Brut zu verteidigen.

Gänse in der Oberneulander Wümmeniederung

Im Winterhalbjahr erscheinen Gänse aus arktischen Brutgebieten in großer Zahl im norddeutschen Tiefland. Im Raum Bremen werden die großen Trupps von Blässgänsen und Weißwangengänsen dominiert. Besonders Wiesen und Weiden stellen für sie zu dieser Zeit attraktive Nahrungsflächen dar. Das Landschaftsschutzgebiet „Oberneulander Schnabel“ ist für die Gänse deshalb ein geeigneter Lebensraum. Durch den späten letzten Grünlandschnitt im Herbst finden sie kurzrasige Flächen, auf denen sie sich gut bewegen können. Gefressen werden v.a. Gräser, Seggen und Sämereien. Neben den Nahrungsflächen werden auch Ruhe- und Schlafgewässer in der Umgebung benötigt. Diese befinden sich in den nahegelegenen Naturschutzgebieten „Borgfelder Wümmewiesen“ und „Fischerhuder Wümmewiesen“. Auf den dortigen Überschwemmungsflächen der Wümme sind sie nachts vor Fressfeinden wie Füchsen geschützt.

Naturschutzgebiet (NSG) und Landschaftsschutzgebiet (LSG)

Wer sich auf dem Hollerdeich bewegt, befindet sich – meist ohne es zu wissen – zwischen zwei verschiedenen Schutzgebietstypen: Naturschutzgebiet (NSG) und Landschaftsschutzgebiet (LSG). Das Grünland auf nördlicher Seite des Deiches (zur Wümme hin) liegt im sogenannten „Polder Hollerdeich“ und gehört zum Naturschutzgebiet Borgfelder Wümmewiesen. Der Blick nach Süden trifft ebenfalls auf einen weitläufigen Grünlandkomplex: Das Landschaftsschutzgebiet Oberneulander Feldmark. Doch was genau ist der Unterschied zwischen diesen beiden Schutzgebieten? In einem Landschaftsschutzgebiet gibt es im Vergleich zum Naturschutzgebiet allgemein weniger strenge Nutzungseinschränkungen. Das Grünland darf beispielsweise gemäht werden, sobald der Aufwuchs es zulässt. Im Naturschutzgebiet gibt es dagegen Auflagen, die eine Mahd erst zu einem späteren Zeitpunkt zulässt, um die dort vorkommenden Tier- und Pflanzenarten zu schützen.

Deichschlot

Auf Höhe des Deichschlots, im Übergangsbereich von Hodenberger- und Hollerdeich, treffen fünf Schutzgebiete der Wümmeniederung aufeinander:

  1. das LSG Oberneulander Wümmeniederung (südlich)
  2. das LSG Oberneulander Feldmark (westlich)
  3. das NSG Borgfelder Wümmewiesen (nordwestlich)
  4. das NSG Fischerhuder Wümmeniederung (nordöstlich)
  5. das LSG Wümmeniederung mit Dünen und Seitentälern (südwestlich)

An diesem Punkt lässt sich sehr gut beschreiben, wie einheitliche Naturräume wie die Wümmeniederung durch aneinandergrenzende Schutzgebiete zu länderübergreifenden Schutzgebietskomplexen werden. Natur- und Artenschutz kann nicht kleinräumig gedacht und praktiziert werden. Schutzgebiete werden meist durch ihre Umgebung beeinflusst, weshalb die Landschaft großräumig betrachten werden muss.

Für die Schutzgebiete der Bremischen Wümmeniederung kann dies bedeuten, dass Vorkommnisse oder Entwicklungen in den angrenzenden niedersächsischen Schutzgebieten sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf Bremer Seite haben können. Ein enges Geflecht aus Schutzgebieten sorgt dafür, dass Lebensräume miteinander verbunden werden und dadurch Wander- und Ausbreitungskorridore für Tier- und Pflanzenartenarten erhalten bleiben.

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